Die Reisen
des Johannes
Erzählung
So fängt
es an:
Ich
hatte mir in den Finger geschnitten, nicht nur geschnitten, sondern ich
hatte mit der Heckenschere so geschickt hantiert, dass ich mir sowohl eine
Quetschung als auch eine recht tiefe Schnittwunde an Zeige- und
Mittelfinger der rechten Hand zugefügt hatte und zwar mit der linken,
Werkzeug führenden. Denn die Linkshändigkeit, meine liberale
Linkslateralität habe ich von der französischen Seite geerbt, wie sich
das gehört, und den rechten, leidenden Ordnungswillen von der preußischen.
Mir
war das jedoch in jenem Moment ziemlich gleichgültig, denn es ist nicht
schön, sich in den Finger zu schneiden und es ist noch weniger schön,
sich zwei Finger grimmig dunkelblutigblau zu quetschen, wenn einem der
Schweiß in Strömen aus allen Poren des Körpers quillt, weil man
arbeitet, weil man in der glühenden Mittagshitze eines Sommers arbeitet,
der wie so viele vor ihm als Jahrhundertsommer in die Annalen eingehen
sollte, es aber dann doch nicht ganz schaffte. Weder in Frankreich noch
gar in Preußen.
In
meinen Adern fließt preußisches und französisches Blut, die Familie
meines Vaters stammt aus Frankreich, Lothringen, und führt den guten
deutschen Namen Welke, wogegen die Familie meiner Mutter aus Preußen kommt
und sich mit dem französischen Namen Foncierey schmückt. Nun, all das
war mir in jenem Moment ziemlich gleichgültig, um nicht zu sagen, scheißegal,
denn genau das sagte ich: „Scheiße!“
Was
mir danach widerfahren sollte, stellte alles in den Schatten, was sich in
Frankreich und Preußen in den letzten tausend Jahren ereignet hat,
zumindest was mich betraf. Weder ahnte ich in jenem Moment etwas davon,
noch hätte ich es geglaubt, noch überhaupt für möglich gehalten. Aber
vielleicht übertreibe ich auch nur, so wie alle übertreiben, die gerade
leben, denn was sie erleben, stellen sie immer über all das, was andere
vor ihnen erlebt haben und andere nach ihnen erleben werden.
Es gibt den Umschlag hier! und eine zweite Leseprobe.
© 2018 Klaus-Dieter Regenbrecht |