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Tabu und Puritanismus, die Sexualisierung der
Literatur (1999) |
Clinton, die Zigarre und Monica. Wer die Protokolle gelesen hat, vor allem
die Stellen mit 'sexual encounters', weiß, was Bill und Monica trieben, war
kein befriedigender Sex unter Erwachsenen sondern eher verklemmtes Petting.
Wer heute einen seriösen britischen TV-Sender
(via Satellit) anschaltet,
wird kaum Tits zu sehen bekommen, es sei denn in Berichten von internationalen
Modenschauen. Oder man findet einen anderen, möglichst wissenschaftlichen
Grund, das zu zeigen, was man nicht zeigen sollte, aber doch zeigen will, weil
es auf anderen Kanälen längst mehr zu sehen gibt.
Der Puritanismus gerät immer dann in Konflikt mit sich selbst, wenn es um
Kommerz geht. Denn, wen Gott liebt, den macht er reich. Was aber, wenn das Geld
mit Sex gemacht wird?
Zu Zeiten, als auch bei uns noch keine Brüste öffentlich abgedruckt werden
durften, verfuhr man ähnlich: Foto-Reportagen über irgendwelche, in sexueller
Unschuld lebende 'Natur'völker u.ä.
Wir bekommen ja viele Bücher in die Redaktion, aber wir können nicht
einfach über Bücher und Literatur berichten. Es muss einen zusätzlichen Grund
geben. Das sagte eine Redakteurin unlängst zu mir. Am liebsten kapriziert man
sich dabei auf regionale Aspekte, sozusagen ethnologisch (Mundart ist
bezeichnenderweise wieder in), oder aber auf die wirtschaftlichen Aspekte eines
literarischen Unternehmens: Kommerz.
Puritanismus pur! Die Frankfurter Buchmesse? Kommerz und deshalb okay. Das
literarische Quartett? So eine Art nostalgisch exzentrischer FKK-Club. Und
immerhin beim Publikum relativ beliebt, also kommerziell erfolgreich.
Die Puritanisierung und Islamisierung, die Versektung
(methode obscuroise)
der Welt im Sinne von Dogma und Doktrin, doppelter Moral und Scheinheiligkeit,
die Gegenaufklärung ist in vollem Gange!
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