Home
Jetzt bestellen bei

Buchhandel.de * Autorenweltshop

Alle Rechte vorbehalten © All rights reserved by Klaus-Dieter Regenbrecht 1998 - 2024

Tatort Sprache (Mai 2022)

Die Bisschen-Was-Wisser haben die Etymologie entdeckt. Mauscheln: " Warnhinweis im Duden: "Auch wenn die Herkunft des Verbs mauscheln vielen Menschen nicht bewusst ist, vor allem weil in der Folge des Völkermords an den europäischen Juden jiddische Namen heute weitgehend aus dem deutschen Sprachraum verschwunden sind, bleibt die eindeutige Bezugnahme auf Juden bestehen und bleibt vor allem auch die Abfälligkeit bestehen. Es sollte deshalb im Sprachgebrauch unbedingt vermieden werden."
Das im 17. Jahrhundert entstandene Wort "Mauschelei" sei abgeleitet von "Mauschel, der jiddischen Form des Vornamens Moses (auf Hebräisch: Mosche), der als Spottname für jüdische Händler oder auch allgemein für arme Juden hergenommen wurde"."

Alle Wörter haben eine Etymologie, es sei denn, sie sind Neologismen. Die Etymologie einzelner Wörter kann teilweise über mehr als 1000 Jahre nachverfolgt werden. In dieser Zeit haben die Wörter ihre Morphologie, also ihre Form verändert, sie haben ihre Semantik verändert, sie haben Bedeutungsveränderungen oder -verschiebungen erfahren. Es ist absolut richtig, auf die etymologische Herkunft von Wörtern zu verweisen, aber ihre morphologischen und semantischen Enkel, Urenkel und Urururenkel zu stigmatiseren, ist, ich könnte viele Adjektive verwenden, aber es ist einfach nur falsch und dumm.

Die moralische Aufregung unterschlägt auch: "Das Verb, im 17. Jh. zuerst bezeugt, dürfte aus dem Rotw. stammen und aus verschiedenen Vorstufen zusammengeflossen sein. Heranzuziehen sind rotw. mauscheln ‘betrügen’, mundartliches muscheln ‘undeutlich reden (um von anderen nicht verstanden zu werden), heimlich tun, betrügen (besonders beim Kartenspiel)’, vgl. Mauscheln ‘Kartenglücksspiel’ (um 1900)."(https://www.dwds.de/wb/etymwb/mauscheln). Rotw. steht nicht für Rotwein, sondern Rotwelsch, aber da kommen wir schon ins nächste gefährliche Fahrwasser mit den Welschen und Walisern, oh Gott oh Gott.
Apropos: "Gott m. (in polytheistischen Religionen) übermenschliches, (in monotheistischen Religionen) höchstes, übernatürliches Wesen, von dem sich der religiöse Mensch seinem Glauben gemäß abhängig fühlt, ahd. (8. Jh.), mhd. mnd. got, asächs. aengl. engl. mnl. nl. god, anord. goð, guð, schwed. gud, got. guþ weisen auf germ. *guða- ‘Gott, Gottheit’, im Plur. ‘Schicksalsmächte’, das als Neutr. für männliche und weibliche Gottheiten gilt." (https://www.dwds.de/wb/etymwb/Gott)

Und da kommen wir schon in die nächste Zwickmühle: "als Neutr. für männliche und weibliche Gottheiten", Neutrum für männliche und weibliche Gottheiten? Geht ja gar nicht! Es wird immer schlimmer mit dem Kauderwelsch; bleibt noch ne Menge Arbeit für die Tatort-, sorry Sprachreiniger.

Die Atmosphäre, die durch Political Correctness und das Gendern entstanden ist, erinnert mich fatal an die Spießigkeit und Scheinheiligkeit, die im katholischen Rheinland der Fünfziger und Sechziger des vergangenen Jahrhunderts geherrscht haben.

 

Klaus-Dieter Regenbrecht, Koblenz im Mai 2022

Hier geht es zur Übersicht aller Kommentare

© 2022 by Klaus-Dieter Regenbrecht