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Alle Rechte vorbehalten © All rights reserved by Klaus-Dieter Regenbrecht 1998 - 20
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Entstelltes Chaos glänzender Gestalten - Die Frauen in August Wilhelm Schlegels Leben

Inhalt:

Vorwort
Sophie Paulus (1818)
Caroline Böhmer (1786-1803)
-Die Jenaer Wohngemeinschaft (1799)
Sophie Bernhardi, geb. Tieck (1803/4)
-Der Berliner Literaturstreit (1799-1803)
Mad. de Staël (1804-1817)
-Coppet (1804)
-Julie Récamier
-Italien (1805)
-Wien (1808)
-Elisabeth Wilhelmine van Nuys
-Coppet (1808-1811)
-Marianne Haller
-Moskau, St. Petersburg und Stockholm (1812-1814)
-Deutschland, England, Frankreich (1814)
-Coppet (1814-1816)
-Nina Schiffhuber-Hartl (1816)
-Coppet, Paris (1816/17)
Albertine de Broglie, Augusta von Buttlar
Sophie von Schlegel
-Bonn (1818-1845)
-Paris 1820/21
-London (1823)
-Berlin (1827)
-Paris, London (1831/32)
Auguste Luise Adolfine von Flotow (1836-1843)
-Berlin (1841)
Zeittafel
Blütenlese Dichterstreit
Kurioses
Körner: August Wilhelm von Schlegel und die Frauen
De lingua, genere et sexu
Bibliografie
Register

Vorwort

Das Interesse an August Wilhelm Schlegel hat um 2017 herum, also zu seinem 250. Geburtstag, deutlich zugenommen und das war auch an einer Reihe von Buchveröffentlichungen abzulesen. Ich will diesem Kanon nicht nur ein weiteres Werk hinzugesellen, verspätet dazu, sondern einen anderen Ansatz verfolgen. Ich nutze die vorliegenden primären und sekundären Quellen (s. Anhang) nicht allein, um aus dem Bewusstsein des 20./21. Jahrhunderts heraus das 18./19. Jahrhundert zu analysieren oder gar darüber zu urteilen.

Mir geht es darum, die Akteure der Romantik möglichst oft selbst zu Wort kommen zu lassen, so dass sich durch Auswahl und Anordnung mit den neueren Quellen und meinen interpretierenden Kommentaren ein Bild aus der damaligen Zeit heraus darstellen lässt. Die zum 250. Geburtstag erschienenen Biografien, da sie durchaus unterschiedlich angelegt sind, ermöglichen mir so natürlich einen umfassenderen Blick auf August Wilhelm Schlegel, als das davor möglich gewesen wäre.

Der vorliegende Essay speist sich also aus vielen Quellen: gedruckten, digitalisierten und einst handgeschriebenen. Die Briefzitate sind, da sie mit Ort und Datum versehen sind, leicht den Quellen zuzuordnen. Es gibt darüber hinaus Passagen, die sich zwar aus den verschiedenen Quellen speisen, aber in eine erzählerische Form gebracht wurden. Die meisten rekapitulieren beispielsweise die in Briefen dargestellten Vorgänge mit unterschiedlicher Verwendung von Zitaten, ohne dass diese als solche gleich zu erkennen wären; es sei denn an der Orthografie vor allem. Briefpassagen und Textauszüge aus dieser einen Quelle(1) sind nicht in Parenthese gesetzt, Einzelnachweise würden das Buch unlesbar machen. Die Fußnoten sind auch so schon am Limit des Erträglichen und satztechnisch Handbaren. Zitate aus allen anderen Quellen sind sehr wohl in Paranthese; das gilt auch für Briefe anderer Provenienz.

Die zahlreichen ungekürzten Briefe ermöglichen einen tiefen Einblick auch in das Alltagsleben der damaligen Zeit, sie zeigen, wie vielfältig und umfassend die Interessen waren. Fakten, für wissenschaftliche Zwecke extrahiert, werden beim Lesen intuitiv in unseren Zeitgeist eingepasst; im ungekürzten Zusammenhang verlässt man den damaligen Erfahrungs- und Empfindungshorizont nicht so leicht.

Briefe waren das einzige Kommunikationsmittel über Zeiten und Orte hinweg und sie sind auch dank moderner, sprich digitaler Medien, sehr gut zugänglich. Ermöglicht wird so die literarische Genese aus der Wahrnehmung und dem Erleben des versierten Briefeschreibers. Das Leben August Wilhelm von Schlegels soll so auf eine möglichst lesbare, gleichzeitig biografisch und weitgehend wissenschaftlich korrekte Art und Weise dargeboten werden.(2)

Mir ist bewusst, dass die Sprache des frühen 19. Jahrhunderts eine Herausforderung darstellt. Wenn es aber gelingt, in die Sprache einzutauchen, verringert sich die Distanz zu den Protagonisten, so meine Hoffnung. Statt mit der zeitlichen Distanz von 200 Jahren über August Wilhelm Schlegel und die Romantiker zu schreiben, wollte ich die sprachliche wie geistige Distanz verringern und in die Zeit und ihre Umstände hineinfinden.

Das erfordert einen vielleicht ungewohnten Fokus beim Lesen; es geht nicht nur um das, was da passiert, welche Informationen man erhält, sondern es geht um den Klang der Sätze, die Gestalt und die Geschichte der Wörter, die da geschrieben stehen. Man muss sich gewissermaßen in ein Postkutschen-Tempo des Lesens zurückversetzen lassen.

Der Blick wurde schon recht früh auf „August Wilhelm von Schlegel und die Frauen“ (3) gerichtet. Es geht mir nicht um eine Analyse in feministischer Hinsicht, sondern darum, ein wesentliches Strukturelement seines Lebens als Gestaltungselement meines Versuches einer Biografie zu verwenden. Die Beziehungen zu den Frauen waren durchaus unterschiedlich, sehr unterschiedlich, wie sich zeigen wird.

August Wilhelm von Schlegels Beitrag zur deutschen Literatur im engeren Sinne, was also seine Werke in Prosa, Drama und Lyrik angeht, mag nicht herausragend sein. Frühere Wissenschaft hat sein Werk als fragmentarisch und disparat angesehen; neuere Forschung betrachtet sein Wirken als Schriftsteller und Übersetzer, als Dozent und Forscher im Bereich Kunst, Sprachen und Literaturen ganzheitlich, also im besten Sinne romantisch.

Ich hatte großes Glück mit den Quellen. Eine Reihe wissenschaftlicher Titel, die zwar vor nicht allzu langer Zeit erschienen aber schon vergriffen sind, konnte ich im modernen Antiquariat erwerben. Sogar Bücher wie Pauline de Panges „August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël“ von 1940 konnte ich im Online-Antiquariat erwerben. Das Antiquariat in Verbindung mit dem Internet ist eine wahre Fundgrube. Den Körner-Aufsatz von 1918 hat mir die Universitätsbibliothek zu Wien als Kopie zur Verfügung gestellt. Dafür herzlichen Dank. Zu danken habe ich auch einigen anderen Einrichtungen für die Überlassung von Bilddateien (Nachweis jeweils bei den Abbildungen).

Schlegels Lebensleistung, vor allem, wenn man seinen aufregenden und wechselvollen Lebenslauf einbezieht, seine Wirkung in Kunst und Wissenschaft und auf die geistige Kultur in Deutschland und Europa, oft indirekt und über andere Akteure, ist nachhaltig; mir kommt das englische Wort „seminal“ in den Sinn, das von dem lateinischen semen, Samen, herkommt: wegweisend, zukunftsträchtig, ertragreich, um nur einige der möglichen Bedeutungen aufzuzählen.
Klaus-Dieter Regenbrecht
Koblenz, im April 2022

(1) https://august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/ [Version-07-21] und [Version-01-22]. August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz. Hg. von Jochen Strobel und Claudia Bamberg. Bearbeitet von Claudia Bamberg und Olivia Varwig in Zusammenarbeit mit Cornelia Bögel, Ruth Golyschkin, Bianca Müller, Radoslav Petkov, Christian Senf und Friederike Wißmach unter Mitwirkung von Paulina Bahlke, Juljana Battenberg, Clio Falk, Christina Förtig, Thomas Hartmann, Patrick Heck, Sarina Loh, Judith Mühlbacher, Florian Pahl, Christopher Rüther, Aline Seidel, Madelaine Stahl, Clara Stieglitz, Hannah Varinia Süßelbeck. Dresden, Marburg, Trier 2014–2020. Weitere Quellen s. Anhang.

(2) In Anlehnung an die beiden englischen Begriffe Science Fiction und Literary Fiction könnte man von Literary Science sprechen.

(3) „Ein Gedenkblatt zum 150. Geburtstag des Romantikers“, in: Donauland 1, 1918.

© 2022 by Klaus-Dieter Regenbrecht