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Auszug aus dem
Roman
"Die Rheinland-Papiere oder Die Tricks der
Bücher"
Manuela B-H., 27, ist selbständige Unternehmerin. Den Doppelnamen hat sie von ihrem Vater geerbt. Mit ihrer Freundin Christiane D., 24, betreibt sie einen Zustelldienst. Christiane kümmert sich um die Geschäftsführung, Schreibarbeiten, Werbung, Kundenakquisition, Auftragsbearbeitung. Manuela stellt zu, sie ist für Außendienst und Fuhrpark zuständig. Die Geschäfte gehen so gut, dass sie dabei sind, einen weiteren festen Fahrer einzustellen, neben den beiden Studenten, die je nach Auftragslage eingesetzt werden. Der Fuhrpark besteht aus vier hochwertigen Mountainbikes. "Blitz-Bike: natürlich schnell & sauber." Bei Wind und Wetter, Hitze und Kälte von acht bis acht erledigen sie ihre innerstädtischen Blitzaufträge zur vollen Zufriedenheit ihrer Kunden, zumeist Stammkundschaft, klein- und mittelständische Unternehmen, die sich ihr Umweltbewusstsein leisten wollen und leisten können. So hatte Claudia Zickler ihren neuen Roman beginnen wollen über die Mountainbikerin. Auf die Idee hatte sie Karl-Dorian Rotzner gebracht, einer der Kursteilnehmer ihrer Literaturwerkstatt an der VHS. Er hatte geschrieben, als es darum ging, Traumberufe zu schildern, er möchte sein Geld am liebsten mit Mountainbike-Fahren verdienen. Die Bikerin hatte sie in der Stadt schon oft gesehen, sie dann auch genauestens beobachtet, aber erst Karl-Dorians Einlassung brachte der Beobachtung den zündenden Schub, das ist eine Figur, um die sie eine Erzählung, vielleicht einen Roman stricken könnte. Claudia hatte als Anfangsrecherche Aufträge an "Blitz-Bike" vergeben und mit Manuela unverfängliche Gespräche geführt, wenn sie die Sachen abholte oder zustellte. Und je genauer Claudia hinsah, um so interessanter wurde die Figur. Dem Gesicht sah man an, dass es Wind und Wetter ausgesetzt war, dem Wind und Wetter jedoch einer Großstadt, Claudia hatte sie im Hochsommer gesehen, mit kurzen Radlerhosen und leichtem Radlershirt, sexy, sie hatte sie im Winter gesehen, wenn der Regen und der Frost ihrer Haut zusetzten, die Abgase und streusalzgetränkten Wasserspritzer, und die roten, geplatzten Äderchen in ihrer Gesichtsmaske zu erkennen waren. Man sah ihr an, dass sie in der Woche mehrere hundert Kilometer fuhr, Oberschenkel wie ein Gewichtheber. Claudia hatte ihr auch Geheimnisse entlocken können. Schmaler, harter Sattel Tag für Tag, wie sie das hinbekäme, ob Vaseline alleine reichte. Ob es da nicht Probleme gebe in empfindlichen Bereichen? Claudia bezog das Büro in ihre Recherchen mit ein, sie sah Christiane und wusste, Christiane und Manuela waren ein Paar, ein schönes Paar. Die Geschichte wurde immer reizvoller. Und damit kamen die ersten Zweifel. War der journalistische Stil wirklich der richtige? Für die zunächst avisierte, einem Sozialreport ähnliche Darstellung im Sinne eines Norman Mailer hatte sich Claudia ganz intuitiv entschieden. Aber die Geschichte fing an, in eine andere Richtung zu laufen. Love Story? Eine tragische, wenn überhaupt. Manuela verunglückt mit ihrem Rad, überlebt schwerverletzt. Der Unglücksfahrer, der den Unfall verursacht hat, übernimmt vom schlechten Gewissen geplagt Manuelas Touren, damit das Geschäft nicht zugrunde geht. Christiane und er verlieben sich, zack, obwohl er viel älter ist, sie aus völlig verschiedenen Lebensumständen kommen! Klar, ein Konflikt musste rein. Noch mehr? Crime? Er könnte dahinterkommen, dass der Zustelldienst von Dealern als Kurierdienst missbraucht wird. Das würde für den Anfang reichen, wenn Claudia das hin- und ausgeschrieben hätte, ergäben sich weitere Verknüpfungspunkte. Weiter zu denken lohnte sich vorläufig nicht. Aber war das jetzt der richtige Ansatz? Sie musste es einfach ausprobieren. Sie musste sich eine Brücke bauen, wie sie es ihren Kursteilnehmern so oft erzählt hatte. Was könnte passen? Gertrude Stein vielleicht? "Sie wurde dann glücklicher als irgend jemand der da sonst am Leben war. Es ist dem leicht zu glauben. Sie verriet es jemand, die jede Geschichte mochte die charmant war. Eine die am Leben war war fast immer am Zuhören. Eine die am Lieben war war fast immer am Zuhören. Diejenige die am Lieben war war fast immer am Zuhören. Diejenige die am Lieben war war am davon Erzählen eine zu sein die da am Zuhören war. Diese am Lieben war da am Geschichten erzählen die einen Anfang eine Mitte und ein Ende hatten." Da waren zwei von denen die eine auf zwei Rädern durch die Stadt fuhr und die andere saß am Bildschirm. Es ist dem leicht zu glauben in der Stadt fahren viele Rad und viele sitzen am Bildschirm und schauen zu wie andere Rad fahren. Die am Bildschirm saß gab die Aufträge die auf dem Rad fuhr führte die Aufträge aus. Die zwei führten ein Geschäft die zwei liebten ihr Geschäft am Bildschirm auf dem Rad. Das Geschäft gab ihrer Liebe Freiheit in dieser Stadt. Auf dem Radarschirm um im Bild zu bleiben. Auszug aus "Die Rheinland-Papiere" TABU LITU Buch 9 |