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 Karriereplanung für Schriftsteller und Autorinnen
von Klaus-Dieter Regenbrecht

Diesen Aufsatz und 18 weitere, plus 7 Cartoons finden Sie hier:
Den Widerspruch zwischen Gelesenem und
Gelebtem mit Geschriebenem lösen

Update Juli 2024: Der Aufsatz, vor über 30 Jahren geschrieben, mehrfach aktualisiert, ist immer noch und regelmäßig die am häufigsten aufgerufene Seite (von über 100) meiner Website. Sie reflektiert damit Entwicklungen, die gewissermaßen von Walter Benjamins Zustandsanalyse, festgehalten in "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit", über das Kunstwerk im digitalen zu der Kunst des Schreibens im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz fortschreiten. Ich bin davon überzeugt, dass die Auswirkungen auf die finanziellen wie literarischen Aspekte des Schreibens fundamental sein werden. Wie bei allen Erfindungen, Neuerungen liegt es bei den Anwendern, ihrer Verantwortung und ihrer Kompetenz, ob das neue Instrument von Nutzen oder schädlich sein wird.

Ich habe dieses brisante Thema in einen Roman verpackt: Die Kollaborations-Chroniken.  

Die gegenwärtige Situation zeichnet sich durch gegensätzliche Entwicklungen aus. Die derzeitige Lage ist widersprüchlich, nicht die Aussagen, mit denen ich den Versuch unternehme, sie zu beschreiben.

Zum einen gibt es eine Unzahl an Publikationen, Einrichtungen, Diensten, die sich mit den Menschen befassen, die mit dem Schreiben ihren Lebensunterhalt bestreiten möchten (statt sich lebendig schreibend zu streiten und zu unterhalten). All diese Bücher, Agenturen, Druckkostenzuschussverlage tun nur eins, sie melken ihre zahlreiche Klientel.
Der Begriff "Druckkostenzuschussverlag" (DKZSV) ist im Übrigen ein Euphemismus, denn der dort "Verlegte", zahlt nicht nur die kompletten Druckkosten, sondern auch das Lektorat, jede Briefmarke, die der "Verlag" während der Korrespondenz benötigt, jedes Telefonat, und - man mag es kaum glauben - wenn er ein Exemplar des Buches haben will, dessen Produktion er ja komplett bezahlt hat, wird er noch einmal bezahlen müssen.

Andererseits tut sich gerade durch die Neuen Medien, kommerzielle Fernsehsender, Internet usw., ein völlig neuer Markt für Textproduzenten auf: Es gilt das Wort: Am Anfang war das Wort. So gut wie jedes Wort, jede Bewegung in einem Film z.B. war vorher Text, CD-ROMs müssen betextet werden, Call-Center wären arm dran, wenn die Caller allein auf spontane Reaktion angewiesen wären und ohne gedruckte Handbücher wäre ich nicht in der Lage, diesen Text ins Netz zu stellen.

Kompetente (Werbe)Texter, gut formulierte Texte werden händeringend gesucht, gute Drehbücher, hört man immer wieder - ob man sie dort in den Redaktionen auch wirklich haben will und umsetzen kann, ist eine andere Frage - Kochbücher und alle möglichen Ratgeber verkaufen sich blendend, warum WARUM? fragt man sich dann, warum wollen alle ausgerechnet in das unbedeutendste und unlukrativste Marktsegment, aktuelle deutsche Literatur ...

Seriöse Handbücher für Autoren und Schriftstellerinnen müssten sich eigentlich auf den einen Rat beschränken: Lasst um Gotteswillen die Finger davon! Aber mit dem Rat kann man ja kein Buch verkaufen.

Vor einer Karriereplanung steht natürlich immer eine fundierte Berufsausbildung, wer sein Handwerk nicht gelernt hat, möglichst von der Pike auf, dessen Karriere wird immer auf tönernen Füßen stehen. Einen Roman zu schreiben bedeutet meistens, ein Konglomerat unterschiedlichster Textsorten der divergierendsten Provenienzen zu produzieren. Aber das ist das Mindeste, was man drauf haben muss. Wer seine Karriere plant, muss sich auch um eine literarische Ausbildung kümmern entsprechend den eigenen Voraussetzungen, den eigenen Zielvorstellungen. Generell gilt, lebenslange Ausbildung und learning by doing, Schreiben lernt man beim Schreiben, aber auch beim Lesen.

Karriereplanung für Schriftsteller, ich hoffe, jeder wird den ironischen Unterton bemerken, denn natürlich ist dies kein Managerlehrgang, und selbstverständlich kann es keine verbindliche Planung und schon gar keine Erfolgsgarantie geben. Schriftstellerinnen sind bekanntlich Einzelkämpfer und jede muss ihren eigenen Weg gehen. Fehler darf man dabei machen, aber man muss aus den Fehlern lernen, und man sollte auch aus den Fehlern anderer lernen. Und es muss heute wirklich nicht mehr sein, dass so viele Lehrgeld zahlen, indem sie ihre Bücher in einem DKZSV herstellen lassen.

Sie können die Autobiografie zu diesen Erfahrungen lesen:

Paradise

Nicht so lustig finde ich nach wie vor, dass manche Dienstleister noch immer ihre Kunden nicht seriös darüber aufklären, welche Dienstleistung sie erbringen und was sie dafür kassieren. Der Begriff "Zuschuss" z. B. dürfte in keinem mehr solcher Verträge mehr stehen.

 
Karriereplanung fürSchriftstellerinnen ist ein Tabuthema, weil niemand so gerne zugibt, welche Fehler er gemacht hat, wie viel Lehrgeld sie hat zahlen müssen. Es ist ein Thema, bei dem man sich und anderen gerne etwas vormacht. Aber: es ist ein äußerst wichtiges Thema, denn aus allen Schriftstellerbiografien wissen wir, welchen Einfluss das Leben, die Lebensumstände, somit auch die Karriere, auf das Werk haben. Ich nenne nur drei Namen: Kafka, Hemingway, Karl May. Ohne die jeweilige Karriere wäre deren Werk nie so zustande gekommen. Und es ist keine Frage, dass auch sie dem Schicksal nicht nur ausgeliefert waren, sondern dass sie Einfluss genommen haben auf ihren Lebenslauf, dass sie Entscheidungen getroffen haben für oder gegen ihre Karriere.Niemand wird ernstlich in Frage stellen wollen, dass Leben und Werk zusammengehören. Die Schamhaftigkeit, mit der das Thema Karriereplanung behandelt wird, ist fehl am Platze. Wer die Karriere als ein zu gestaltendes Wirkungsfeld begreift, hat den Literaturbegriff erweitert, hat seinen Literaturbegriff bereichert, hat begonnen, sich sein Leben vorzuschreiben.
 

Im Idealfalle wäre die Schriftstellerkarriere die Fortschreibung der Literatur mit anderen Mitteln. So etwas nennt man heute gerne ein Gesamtkunstwerk. Ein romantisches Motto (auch, wenn nicht zeitlos): Ich mache keine Literatur, ich lebe sie. Auch wer das Thema als nicht literaturrelevant abtut, hat eine literarische Entscheidung getroffen. Jede, die sich dafür entscheidet, Beamte zu werden und nebenbei zu schreiben, hat eine für ihre Literatur inhaltlich und formal wichtige Entscheidung getroffen. Es geht mir hierbei nicht um Wertung, es geht darum, sich bewusst zu werden, was geschieht, welche Entscheidungen mit welcher Tragweite getroffen werden, auch wenn man eigentlich das Gefühl hat, keinen großartigen oder bedeutenden Schritt getan zu haben.

Karriereplanung heißt nicht notwendigerweise Strategie zum Erfolg - im kommerziellen Sinne oder als öffentliche Anerkennung per Preise, Auszeichnungen, ehrenamtlicher Pöstchen - sondern heißt, den Weg zu suchen, der für die eigene Persönlichkeit und die eigene Literatur optimal ist. Und zwar unter möglichst weitgehender Kenntnis der persönlichen Gegebenheiten und der äußeren Verhältnisse (Markt, Moden, Medien usw.). Karriereplanung kann durchaus heißen, sich dem Markt, dem Literaturbetrieb bewusst zu entziehen.

Aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich in einen Betrieb nicht einsteigen will, weil ich ihn kenne, oder ob ich nicht hineinkomme, weil ich ihn nicht kenne.

Sachkenntnis ist also unabdingbar, reicht aber allein nicht aus. Bei der Karriereplanung darf man nicht nur zielgerichtet vorgehen, das heißt, aktiv Maßnahmen ergreifen, sondern man muss auch Gelegenheiten und Gegebenheiten, Entwicklungen und Zufälle erkennen und ausnutzen. Wir sind bei der Karriereplanung wie bei der Literatur neben der Logistik auf Kreativität und Intuition angewiesen. Wer nicht intuitiv spürt, wenn die vielleicht einzige Chance im Leben da ist, wer glaubt, es wird schon von selbst kontinuierlich weitergehen, hat sich abgefunden, hat sich auch abgeschottet.

Um sich vor allzu derben Enttäuschungen zu bewahren, sollte man von Anfang an in Jahrzehnten planen. Das erste Jahrzehnt als Findungsphase, an deren Ende der Entschluss steht, ich will Schriftsteller werden. Das zweite Jahrzehnt kann man als Gesellenjahre ansehen, mit der Feststellung am Ende: Ich bin Schriftsteller. Die Etablierungsphase kommt im dritten Jahrzehnt mit der zunehmenden Erkenntnis: Ich werde als Schriftstellerin anerkannt. Und im vierten Jahrzehnt kann, wenn man es erreicht, die Ernte der vorausgegangenen Jahrzehnte eingebracht werden. Dies kann natürlich nur ein grobes Schema sein, aber man wird überrascht sein, in wie vielen Fällen sich Schriftstellerkarrieren ähnlich entwickelt haben.

Hat man diesen Zeitrahmen akzeptiert, ergeben sich Konsequenzen und neue Fragestellungen. Wie schaffe ich es, überhaupt so lange durchzuhalten? Wie schaffe ich den Übergang von einer Phase in die nächste? Es bedeutet, dass ich mir auch innerhalb der einzelnen Jahrzehnte bestimmte Ziele setzen muss, ich muss zudem Erfolgskontrollen installieren, muss mich, ohne mir etwas vorzumachen, fragen, ob es weitergegangen ist. Und das bedeutet auch, dass ich mir nicht nur Ziele setzen darf, die ich nie oder nur sehr spät erreichen kann, sondern ich muss Zwischenschritte einbauen, die mir ein Erfolgserlebnis vermitteln, damit ich die Kraft habe weiterzumachen. Dabei muss ich unterscheiden können, ob es sich um mehr oder weniger beliebige Zwischenschritte handelt oder um wichtige Etappen. Wichtige Etappen gibt es nur wenige, und an solchen Stellen muss man hellwach sein.

Logischerweise wird keine vernunftbegabte Autorin davon ausgehen, mit Anfang Zwanzig schon ihren und der Familie Unterhalt aus Tantiemen und Honoraren zu bestreiten. Die ersten zwei Jahrzehnte wird jeder zweigleisig planen, also einen wie auch immer gearteten Brot- oder Neben- oder Hauptberuf vorsehen, um dann später zunehmend Einnahmen als Schriftsteller zu verbuchen.

Und niemand sollte sich etwas vormachen: Ob Lyrikerin oder Romancier, Buchtantiemen sind für die meisten Autoren nur ein geringer Teil des Einkommens und zwar zeitlebens. Mehr Geld macht man und frau zumindest am Anfang mit Lese- und Rundfunkhonoraren, als Schreibwerkstättenleiter, als Lektor, als Rezitatorin, als Fachmann und Fachfrau für Literatur und Sprache eben.

In einer Ausgabe der Zeitschrift "Publizistik & Kunst" der IG Medien hieß es: "Es gibt eine Nationalelf von 15 bis 20 Autorinnen und Autoren, die mit ihren Büchern weit mehr als normale Angestellte verdienen, beschreibt der Verband der Schriftsteller (VS) die Lage der bundesdeutschen Literatur. Weitere 200 bis 300 leben von der Schriftstellerei nicht besonders gut, aber doch so, dass es für den Lebensunterhalt reicht. Und dann kommen Tausende, die gezwungen sind, ihren eigentlichen Beruf nebenberuflich auszuüben, und ihr Geld mit Journalismus, Taxifahren oder Volkshochschulkursen zu verdienen."

Bevor ich anfange, meine Karriere zu planen, muss ich mir darüber klar werden, was ich erreichen will

Eine, die von ihren Büchern leben will , wird wohl gezwungen sein, vom Kochbuch bis zum Kinderbuch, vom Drehbuch bis zum Handbuch, vom Ratgeber bis zum Roman alles zu schreiben, bzw. bereit sein, alles das zu schreiben, was sie kann und verkaufen kann. Einer, der eine lokale Größe sein will, der mit den VIPs seiner Stadt, Region auf jedem Empfang small-talken will, muss entsprechend schreiben und sich benehmen (und das kann manchmal heißen SCHLECHT!). Wer sich lyrisch selbst therapieren will, wird sich wenig darum kümmern, was Lektoren und zeitgenössische Kritiker von seiner Arbeit halten. Die Zielvorstellungen können sich natürlich überlappen, sie können sich im Laufe der Jahre ändern. Was kann ich erreichen, heißt aber auch: Was kann ich? Was kann ich noch lernen? Wie kann ich besser werden? Wie komme ich meinem Ziel näher?

Eine ganz entscheidende Frage lautet:
Suche ich mir am Anfang einen Haupt-, Neben- oder Brotberuf, der berufsverwandt oder berufsfremd ist?
Es gibt Leute, die sagen, mein Beruf ist Schriftsteller und mein Geld verdiene ich mir (vorübergehend) mit einem Job, bei dem keine Zweifel aufkommen, dass er nur dem nötigsten Gelderwerb dient. Es gibt Leute, die sagen, ich brauche einen vernünftigen Beruf, ich brauche mein Ein- und Auskommen, meine Sicherheit, damit ich den Kopf frei habe für meine Schriftstellerei. Es gibt Leute, die suchen sich immer wieder wechselnde Jobs, weil sie auf diese Art und Weise Gelderwerb und Recherche miteinander verbinden können. Es gibt Leute, die gehen in die Kulturpolitik oder in die Kulturredaktionen, weil sie glauben, sie könnten so die Bedingungen der (eigenen und fremden) Literatur verändern.

Die Ferien-, Studenten- und sonstige Jobs außer Acht lassend, bleiben an Tätigkeiten, die meinen Lebensunterhalt zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichem Ausmaß gesichert haben als jemand, der sein Geld mit Sprachen (Deutsch, Englisch, basic banalytic etc.) verdient, folgende: Schriftsteller, Verleger, Lektor (auch Examensarbeiten u.ä.), Text-Korrektor und -berater, Übersetzer (Deutsch-Englisch, Englisch-Deutsch), Lehrer, Dozent, Coach (z.B. Vorbereitung für Vorstellungsgespräche in Englisch), Journalist (für eine regionale Zeitung), Satz und Layout, Website-Design (nur einmal und ist lange her), Bildungs- und Veranstaltungsmanagement, Gästeführer (BUGA 2011, deutsch und englisch), Festredner und Moderator. 

Als erstes sollte sich jede ein vernünftiges Handbuch besorgen (Sandra Uschtrin, Handbuch für Autorinnen und Autoren - Adressen und Informationen aus dem deutschen Literatur- und Medienbetrieb, 8., aktualisierte und erweiterte Auflage, München 2015); es gibt mittlerweile eine fast unüberschaubare Auswahl. Sie alle haben ein Manko: In keinem wird nämlich der Rat gegeben, doch um Gotteswillen die Finger von dem Beruf zu lassen. Mit diesem Rat wäre kein Geld zu machen. Gute Handbücher zeichnen sich auch durch eine umfangreiche Literatur- und Adressliste aus.

Die meisten Handbücher warnen Gott sei Dank eindringlich vor DKZSV. Ein Verlag bezahlt seine Autoren mehr oder weniger anständig und verdient sein Geld mit dem Verkauf der Bücher. Die DKZSV sieht man nie für Bücher werben, sondern immer nur für den Verlag und die Tatsache, dass sie (womöglich alle Arten) von Büchern "verlegen".  Und wenn die DKZSV in den Schreiben an ihre Kunden gern darauf hinweisen, dass man ja mit Büchern unbekannter Autorinnen kein Geld verdienen kann, so stimmt das überhaupt nicht, denn sie tun es ja ganz kräftig.

Meiner Einschätzung nach wird es im Internet nicht so leicht sein, die Leute abzuzocken. Aus naheliegenden Gründen: In der ZEIT z. B. gibt es zwar jede Menge Anzeigen von DKZSV, aber keine Informationen ÜBER DKZSV und den Literaturbetrieb, der sich außerhalb des klassischen Feuilletons und der großen Verlage abspielt. Im Internet sind die DKZSV natürlich auch längst präsent, im Netz ist aber immer auch weitere Information erhältlich, sind Gegen- und andere Positionen herauszubekommen. Mit einer eigenen Domain kann man kaum noch jemanden übers Ohr hauen, was mit der ominösen ISBN und einem popeligen VLB-Eintrag im Printbereich anscheinend immer noch funktioniert. Die Marktsituation ist auch eine völlig verschiedene: Hier eine teilweise finanziell potente Klientel (pensionierte Lehrer z.B.), die einfach bedient werden will und sich um sonst nichts kümmert, da ein Markt, der gerade entsteht, auf dem es konkurrierende Anbieter gibt, die um jeden Kunden kämpfen. Allerdings sind erste Anbieter im Internet, die kostenlos Texte ins Netz stellen oder (per Download, CD) vermarkten wollen, bei denen der Autor eine "angemessene" Vergütung erhält. Vorsicht, wenn man sich bei den Produktionskosten (das wäre der Druckkostenzuschuss im Netz) dann doch beteiligen soll.

Ein Mythos wird vermessen - Rhein, Romantik und neue Raumerfahrung, ein romantischer Essay, 412 Seiten, 2., völlig überarbeitete Auflage ISBN: 978-3-925805-91-2, 24,90 Euro (auch als E-Book).

Die Verbindung von Romantik und Landvermessung ist keinesfalls historische Koinzidenz, sondern muss miteinander verknüpft betrachtet werden; und dann ist es auch kein Zufall, wenn sich die Konstellation Romantik und neue Raumerfahrung im Rheinland so spektakulär als Rheinromantik und in den beiden Landvermessern Tranchot und von Müffling mit ihren jeweiligen politischen Systemen im Hintergrund präsentiert; das französische Kaiserreich und das Königreich Preußen.

Vor über 20 Jahren begann Regenbrecht seine Studien zur Romantik und Landvermessung und ein erster Entwurf nahm in der Zeit von 2004 bis 2006 Gestalt an. 2018 kam die erste Auflage heraus, die nur ein Jahr später eine umfassende Ergänzung und Überarbeitung erfährt.

Der romantische Essay „Ein Mythos wird vermessen“ versucht, ein ganzheitliches Bild der Romantik, ihrer wichtigsten Protagonisten in Literatur, Kunst, Politik und Wissenschaft zu vermitteln. Das darf man wörtlich nehmen, denn es gibt mehr als 100 Abbildungen, die meisten davon farbig: Historische Karten, Gemälde, Dokumente, aktuelle Fotos etc. Ein anschauliches Panorama einer unglaublich vitalen Epoche: die Romantik.

Am Anfang wird man wohl versuchen, Texte bei einer Literaturzeitschrift unterzubringen, resp. auf einer der unüberschaubar vielen Literaturplattformen. Auch poetry slams können ein Einstieg sein. Man lernt Leute kennen, kommt, wenn man gut ist, herum. Und wenn es mit der Literatur nicht klappen sollte, geht es vielleicht in Richtung Kabarett, Comedy, Rap? Schickt nicht zu viele Texte auf einmal, schaut Euch vorher um und seht Euch alles an, versucht Euch darüber klar zu werden, welche der eigenen Texte dort hineinpassen könnten. Dass man in solcherlei Publikationen/Medien entdeckt werden kann, halte ich für ein Gerücht, das sich allerdings schon ewig hält und merkwürdigerweise auch jeden Medien/Paradigmenwechsel übersteht. Wer will denn überhaupt noch jemanden entdecken - außer sich selbst?! Etwa ein Lektor, dessen Schreibtisch überquillt von unaufgefordert eingesandten Manuskripten? Eine Autorin als "Entdeckung" zu präsentieren ist genau so originell und wahr wie ein Waschmittel als Garant für eine glückliche Familie.

Für eine Schriftstellerkarriere ist es (zumindest am Anfang) nicht ohne Belang, wo man wohnt. Und wen man in einer Medienstadt vielleicht kennen lernt. Stipendien, Preise. Es gibt (gab zumindest): "Literaturpreise in Deutschland - Adressbuch" (Verlag Winfried Richter, München 1986), hier sind mehrere Hundert dotierte und undotierte Preise und Auszeichnungen sowie Stipendien aufgelistet. Lesungen werden mittlerweile zuhauf angeboten, man kann damit ein paar Mark verdienen. Aber es ist oft verdammt frustrierend, vor einer Handvoll Leuten zu lesen. Darauf achten, dass der Veranstalter Geld investiert (also Honorar verlangen!), denn dann wird er versuchen, eine ordentliche Veranstaltung hinzubekommen. Rezitationen, Biografien, Vorträge. Man sollte diese Möglichkeit nicht unterschätzen. Wer eine fundierte Biografie über eine Schriftstellerin geschrieben hat, ein geübter Rezitator ist, unterhaltsame Vorträge verfassen kann, wird gern eingeladen, und nicht selten von Veranstaltern, die finanzkräftig sind.

Schreibwerkstätten. Auch das eine berufsverwandte Nebenerwerbsquelle. Qualifizieren kann man sich beispielsweise über die Bundesakademie in Wolfenbüttel. Oder man nimmt selbst eine Zeitlang an einer guten Schreibwerkstatt teil. Mögliche Veranstalter sind VHS, Literaturbüros, Schulen, Jugendhäuser, sogar Altentagesstätten. Nebenbei kann man auch mit dem Lektorat manchmal etwas verdienen. Aber: erst sich selbst qualifizieren, bevor man anderen etwas erzählen will.

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Selbstverlag. Book on demand und Kindle ebooks (z.B. Createspace) etc. machen es heute sehr leicht, selbst zu veröffentlichen. Wer frustrierende Erfahrungen mit immer wieder ungelesen zurückkommenden Manuskripten gemacht hat, sollte es sich dreimal überlegen, ob sie sich mit dem Selbstverlag weitere Frustrationen zumuten will. Man muss bereit sein, noch mehr zu arbeiten, noch mehr zu lernen. Immer so sorgfältig wie irgend möglich arbeiten, wenn ein Buch einmal gedruckt ist, muss man eine ganze Zeitlang damit leben, den Kopf dafür hinhalten. Das ist beim konventionell gedruckten und verlegten Buch einer der ganz entscheidenden Unterschiede zum WorldWideWeb, wo man jederzeit Korrekturen/Änderungen anbringen kann. Hier ist dagegen die Gefahr ungleich größer, in der unstrukturierten (Daten)Menge nicht unterscheidbar zu sein und nicht wahrgenommen zu werden. Ist die erste Freude über das erste eigene Buch verflogen, kommt oft ein gewaltiger Katzenjammer. Von Anfang an möglichst professionell arbeiten. Gewerbe anmelden, vernünftigen PC anschaffen, in die Software investieren, Grundlagen der Programmierung aneignen, online gehen; das hilft einem, vieles selbst zu machen, für das man anderswo eine Menge Geld zahlen muss. Und man kann auch hier wieder anderen seine Dienste anbieten. Pressemappe anlegen für Bewerbungen und zur eigenen Erfolgskontrolle, Motivation.

Verwandte Nebenberufe: Redakteur, Literaturwissenschaftlerin, Werbetexter, Lektorin.

Hier möchte ich auch die Slammer einordnen. Über Poetry Slams kann man Karriere machen, das steht außer Frage, weil es genügend Beispiele gibt. Dass es nicht notwendigerweise eine literarische Karriere im Sinne eines Romanautors sein muss, dürfte auch klar sein. Der Weg ins weite Feld der Comedy scheint derzeit ein ziemlich bequemer Spaziergang zu sein. Poetry Slams sind ein klassisches Beispiel für die Wirksamkeit des halo effects. Ein kurzer genialer Auftritt verführt zu der Annahme, die Potenz des Slammers und sein Repertoire insgesamt seien genial. Was in den seltensten Fällen zutrifft. Der Vorteil bei der Comedy: Da fällt der Trugschluss am wenigsten auf.

Wer sich für den Beruf des Schriftstellers entschieden hat, sollte sich überlegen, ob er nicht in einen Berufsverband eintritt (*), um den nötigen Informationsfluss und Erfahrungsaustausch zu gewährleisten. Wer wesentliche Teile des Einkommens mit dem Schreiben erwirtschaftet, sollte sich informieren, ob es sinnvoll ist, sich über die Künstlersozialkasse (KSK Wilhelmshaven) zu versichern. Der VG Wort beitreten, nicht nur und erst wenn man Rundfunk- und Fernsehauftritte hat. Nach meinen Erfahrungen lernt man sehr viel über den Beruf, wenn man sich ehrenamtlich engagiert. Von Autorengruppen über Förderkreise bis zu den Berufsverbänden. Erwartet Euch davon keine direkten Vorteile, aber man lernt Leute kennen, man macht sicher auch schlechte Erfahrungen, die oft die wertvollsten sind, vor allen Dingen hört man auf, im Dunkeln herumzustochern.

An einen seriösen und potenten Verlag zu kommen, ist einer der Dreh- und Angelpunkte in der beruflichen Entwicklung. Ohne einen Verlag, der einen Haufen Geld in einen und ein Buch investiert, wird man es schwerlich schaffen können, als Schriftsteller anerkannt zu werden. Ein solcher Verlagsvertrag ist dann ein echter Anfang, aber er ist auch der Schlusspunkt unter eine oft lange und mühselige Vorlaufzeit. Man sollte in keinem Fall zu früh anfangen, Manuskripte an die großen Verlage zu schicken, man entnervt sich nur selbst dabei. Niemals das vollständige Manuskript schicken, ein Exposé und eine Textprobe reichen. Ist der Lektor wirklich interessiert, meldet er sich. Und dann hat man die relative Gewissheit, dass das Manuskript einigermaßen sorgfältig geprüft wird. Am besten bemüht man sich um einen aktuellen Aufhänger, warum man ausgerechnet dieses Manuskript zu diesem Zeitpunkt an diesen Verlag schickt. Es darf aber auch nicht wieder zu aktuell sein, denn Verlage haben mittlerweile eine ziemlich lange Vorlaufzeit; das Programm für das nächste Jahr ist schon komplett, und fürs übernächste schon fast komplett. Auch die Empfehlung einer Autorin, die in diesem Verlag veröffentlicht, kann nicht schaden. Das hemmungslose Herumschicken von Manuskripten ist in jeder Hinsicht schädlich. Dass ein unaufgefordert eingesandtes Manuskript in einem großen Verlag veröffentlicht wird, gibt es nicht mehr. Dem Verlag überlässt man natürlich das Recht der kompletten urheberrechtlichen Nutzung, also auch der im Internet.

Zum Umgang mit unaufgefordert eingereichten Manuskripten:
Die Verlage betrachten dies nach wie vor als Belästigung, auch wenn sie es nicht so ausdrücken. Besser und vernünftiger wäre es, sie betrachteten das als Kundenpflege, denn die meisten, die gerne schreiben, lesen auch und gehen zu Lesungen. Das sind alles gute Kunden, die man da wie Bettler abweist.
Egal:
Das Internet hat auch da etwas in Bewegung gebracht. Fast alle Verlage akzeptieren mittlerweile digitale Einsendugen, geben Tipps zur Einsendung. Auf den meisten Verlags-Internet-Seiten kann man über Impressum und Kontakt erfahren, wie der Verlag sich Einsendungen wünscht und wie er damit umgeht. Die meisten erwarten ein Exposee und Leseproben.

Perspektiven: Hat das Buch als Medium überhaupt eine Zukunft? Ich halte es nicht für verwerflich, einen Roman, eine Romanidee dahingehend zu prüfen, ob daraus ein Film, vielleicht eine Fernsehserie werden könnte. Für die Zukunft wird es immer wichtiger werden, mehrgleisig zu arbeiten. Die Zahl der Nebeneinsteiger ist enorm. Politiker, Schauspieler, Sportler schreiben ihre Biografie (Ghostwriter, Co-Autor ist natürlich auch ein möglicher Nebenverdienst) und bleiben vielleicht dabei. "Feuchtgebiete" von Charlotte Roche ist ein Beispiel dafür, dass es kaum eine bessere Voraussetzung für kommerziellen Erfolg als Medienpräsenz gibt - und zwar bei dem Marktsegement, bei der Klientel, die man auch mit dem Buch anpeilt. Sachbücher sind schon immer ein wesentlicher Bestandteil des Marktes gewesen, auch Bücher zu bestimmten, aktuellen Themen. Solche Bücher werden oft von Journalisten und Kennerinnen verfasst. Aber ausgerechnet in die kleinste Sparte am Buchmarkt "zeitgenössische Literatur" drängen die meisten Autoren. Man sollte sich das sehr genau überlegen und nicht enttäuscht sein, wenn man sich an einen renommierten Verlag (i.e. ein wirtschaftlich potenter) wendet und dort nach wirtschaftlichen Aspekten und nicht nach literarischen beurteilt wird. Da es zwar immer noch recht viele Verlage in Deutschland gibt, die aber fast alle von den wenigen Medienkonzernen geschluckt wurden, ist auch bei den literarischen Bastionen Rendite angesagt.

Anm. 2023: Chat-GPT und KI. Was alles daraus wird, ist nicht absehbar. Ich habe damit auch schon experimentiert. Fakt ist, was in diesem Zusammenhang gerne "lernen" genannt wird, ist nichts anderes als der Zugriff auf zumeist urheberechtlich Geschütztes, Texte, Bilder, Musik; Schauspieler müssen neuerdings per Vertrag der Nutzung ihres Konterfeis und ihrer Stimme zustimmen. Und man muss sich immer darüber im Klaren sein, dass die Künstliche Intelligenz nur auf das zugreifen kann, was im Internet ist. Es gibt aber eine Welt außerhalb und vor allem vor dem Internet. Zwar werden mittlerweile auch ältere Werke digitalisiert, ohne die Digitalisate könnte ich heute gar nicht die Bücher schreiben, die ich schreibe, aber dies wird nie vollständig sein können. Man sollte sich da keinen Illusionen hingeben, was die Vorteile und die Gefahren angeht.

(*) Der Verband Deutscher Schriftsteller e.V. ging zunächst in die IG Druck und Papier, die dann von der IG Medien geschluckt wurde, die wiederum in Ver.di aufgegangen ist. Und das dürfte nicht das Ende (der, wie Böll sagte, Bescheidenheit) sein.

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