Das Überraschungsmoment in der Literatur
Nun hat er es also schon wieder geschafft, dieser Regenbrecht. Nach den
beiden experimentellen
Suchbewegungen zum Thema
Roman überraschte er die Leser mit einer konventionell erzählten,
unkonventionellen Novelle und nun DAS!
Eine Art Tagebuch über den Zeitraum eines Jahres hinweg, Gedichte über das Einkaufen, Frauen, das Wetter, die politische Lage und eine Mountain-Bike-Tour. 'Privatissime!', höre ich die Rezensenten stöhnen.
'Wen interessiert denn das?' - Falsch! Und das gleich ganz und gar.
Hinter dem lockeren Parlandoton á la Bukowski verbergen sich nicht nur mit
offensichtlichem Spaß gestrickte Spielereien mit Sprache und Zitat, sondern
auch hochkomplexe Sinngebilde wie 'B.C.:
Im Paradies', eine fein gemeißelte Apokalypse der (sinn)leer gewordenen
Welt nach einem erahnbaren 'großen Knall', ein Gedicht, das sich folgerichtig
quasi selbst zerstört. Oder ein 'Fahrbericht', eine Art wissenschaftliches Experiment zur Wiedergabe aller Eindrücke einer
Radtour nach Vorgabe aller äußeren Daten, dennoch kein klinischer Seziertext,
sondern eine Reise in Erinnerungen und Assoziationsketten, die atemlos machen.
Der Rest gibt Auskunft, Auskunft und Rechenschaft, Einblick nicht so sehr in
den Autor, sondern in die Entstehungsbedingungen für Literatur, aufgezeigt am
Privaten, aber gleichzeitig losgelöst davon. Dass das auch hochvergnüglich zu
lesen ist, habe ich wohl schon erwähnt ...?
Der zweite Teil liefert uns endlich das lang angekündigte long poem 'Im Mösenbaum'. Entstanden
schon vor fast zwanzig Jahren, bearbeitet, gekürzt, in Teilen schon publiziert
und nun in der endgültigen Fassung lesbar. Im wahren Sinne des Wortes ein Traum
von einem Gedicht, eine ovidische Metamorphose im Hörsaal, hinein in das
Marlboro-Country überbordender Phantasie. Das muss man einfach gelesen haben.
Und dieser Satz gilt für das ganze Buch, diese wunderbare Überraschung durch
das gänzlich Unerwartete.
Thomas Krämer
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